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Die Brüllaffenhaltung der Universität Kassel

In diesem Buch berichte ich über unsere jahrzehntelangen Erkenntnisse an verschiedenen Primatenspecies, die wir über mehrere Generationen gehalten und gezüchtet haben. In diesem Kapitel fehlen mir die entsprechenden Daten, da ich Brüllaffen nur über relativ kurze Zeit begleiten durfte. Doch halte ich es für wichtig, auch unsere Beobachtungen und Erfahrungen an dem schwarzen Brüllaffen Alouatta caraya mitzuteilen, unsere Fehler zu berichten und Hinweise zur erfolgreichen Haltung zu geben, da Brüllaffen Sorgenkinder jeglicher Tierhaltung sind.
In unserem Beitrag zu Grzimeks Enzyklopädie Säugetiere ([281]) hatten Cornelia Schäfer-Witt und ich auch ein Unterkapitel zu den Brüllaffen verfasst, bei dem Schreiben hatten wir keinerlei eigene Erfahrungen und mussten uns auf Literaturdaten beschränken. Wir führten zu den Brüllaffen aus: „(Sie) haben einen besonders muskulösen Schwanz, der ihnen gewissermaßen als fünfte Hand dient. Sie nutzen ihn als eine Art Sicherheitsanker. ... (Wir) finden ... an der Unterseite des Schwanzendes eine nackte Fläche mit gut ausgebildeter Tasthaut, mit der sie, wie wir mit unseren Handflächen, „prüfen“ können, wie etwas beschaffen ist. ...
Die ersten Feldforschungen an lebenden (Tier)-Affen sind an Brüllaffen durchgeführt worden.1 Bereits 1931 setzte der amerikanische Primatenforscher Clarence Ray Carpenter seine Einsicht, dass man unsere nächsten Verwandten auch in ihrem natürlichen Lebenraum kennenlernen müsste, um mehr über sie und über uns selber zu erfahren, in die Tat um und beobachtete sie auf Barro Colorado. Barro Colorado ist eine kleine Insel, die - ursprünglich ein Berg - 1914 als „Nebenprodukt“ des Panamakanals künstlich entstand. Carpenter musste damals alle heute selbstverständlichen Methoden der Feldforschung selber entwickeln und ist durch seine vorbildlichen Arbeiten zum Wegbereiter der modernen Primatologie geworden.2 Seine Brüllaffen sind zudem die im Freiland wohl am gründlichsten untersuchten südamerikanischen Primaten. Durch die mittlerweile zahlreichen Bestandserhebungen auf Barro Colorado konnten und können hier auch Untersuchungen über die Entwicklung der Bevölkerungsdichte und über langfristige Veränderungen in der Zusammensetzung von Gruppen geleistet werden.


Abbildung 12.1: Gemeinsames Ruhen, Alouatta caraya - Weibchen, Zoo Rio de Janeiro


Brüllaffen sind - so erkannte Carpenter - ausgesprochen friedliche Tiere; offensichtlicher Streit kann nahezu nicht beobachtet werden. Nichtverstehen äußert sich im bloßen vorsichtigen Ausweichen. So kann ein Beobachter oft mehrere hundert Stunden mit ihnen verbringen, ohne offene Auseinandersetzungen zu sehen.



Abbildung 12.2: Fast ausgewachsener Schwarzer Brüllaffenmann, Wilhelma Stuttgart




Abbildung 12.3: Roter Brüllaffe Alouatta seniculus, Zoo Frankfurt, beachte die Spalte zwischen Zeige- und Mittelfinger.




Abbildung 12.4: Daumen und Zeigefinger gemeinsam werden bei dem Greifen - wie unserer Daumen - den übrigen Fingern gegenübergestellt.


Die meisten Brüllaffen leben in großen Sozialgruppen; daneben findet man einzelne Männchen, die entweder sehr alt oder gerade erwachsen sind, und offensichtlich Anschluss an andere Gruppen suchen. In der Regel ist die Zahl der erwachsenen Weibchen größer als diejenige der Männchen. Brüllaffengruppen haben feste Wohngebiete, die sie aber nicht durch Kämpfe verteidigen, sie verteidigen nur den Ort, an dem sie sich gerade befinden. Wohngebiete verschiedener Gruppen überschneiden sich häufig. Jeden Morgen geben Brüllaffengruppen durch ihre lauten, weit zu hörenden „Brüllgesänge“ ihren Nachbargruppen zu erkennen, wo sie sich gerade aufhalten. Das Brüllen dient also vor allem dem Erhalt des Abstandes zwischen den Gruppen. So wird die Einwanderung fremder Tiere auf friedlichem Wege vermieden. Ihr lautes Rufen ist zudem noch häufig am Abend zu hören, auch brüllen sie bei Gefahr.



Abbildung 12.5: Die Schwanzunterseite bei Alouatta seniculus


Brüllaffen springen selten. Bei ihren Fortbewegungen sichern sie sich mit dem Schwanz und können so die meisten Entfernungen durch Klettern überwinden. Auch bei ihnen sind die Hände durch eine Spalte zwischen Zeigefinger und Mittelfinger zu gut funktionierenden Greifhänden geworden, die sichere Griffe zulassen. Insofern verwundert es nicht, dass sie nur selten am Boden angetroffen werden und den sicheren Aufenthalt in den hohen Baumkronen vorziehen, wo sie sich meist langsam fortbewegen. Bei Gefahr aber können Brüllaffengruppen sehr schnell weichen. Kennzeichnend für die Brüllaffen ist außerdem, dass sie bis zu 80% der Aktivitätszeit ruhen, womit sie wohl die inaktivsten unter den Affen sind.



Abbildung 12.6: Der Schwanz kann den ganzen Körper halten, MPI für Hirnforschung, Gießen.


Noch eine weitere Besonderheit ist bei ihnen zu finden: Sie zählen zu den Nahrungsspezialisten, denn ihre Nahrung besteht vornehmlich aus Blättern. Daneben essen sie aber auch Früchte, vor allem reife Früchte.“([281], Seiten 143 - 144).



Abbildung 12.7: Alouatta caraya, Zoo Rio de Janeiro




Abbildung 12.8: Alouatta caraya, Wilhelma Stuttgart




Abbildung 12.9: Alouatta caraya Billy, fast ausgefärbt




Abbildung 12.10: Alouatta caray Billy, fast ausgefärbt


Als mögliche Predatoren gibt Carpenter Katzen, vor allem den Ozelot, an ([18]), diese wären wohl für den Tod von Brüllaffen verantwortlich.
Nach meiner Einschätzung war der Bericht von Carpenter - unabhängig von seiner hohen Bedeutung für die primatologische Forschung - in zwei Einschätzungen falsch. Zum einen glaube ich nicht, dass Brüllaffen tatsächlich so lethargisch sind wie angegeben, vielmehr beherrschen sie die Leistung, bei Störung durch einen Beobachter das Verhalten „einzustellen“, wodurch sie inaktiv wirken, zum anderen dürften Brüllaffen keineswegs die friedlichen Riesen sein, wie beschrieben. Doch war Carpenters Bericht lange Jahre Richtschnur für die Wertung zu beobachtenden Verhaltens, bzw. auch für mögliche Selbstzensur der diese Species beobachtenden Wissenschaftler. Zu diesem Fragenkomplex führten wir aus: „Brüllaffen sind jedoch nicht ausschließlich friedliche Tiere. Bereits Carpenter hat darauf verwiesen, dass es zwischen erwachsenen und jungerwachsenen Männchen Streitereien gegeben haben muss, wie die Narben beweisen, die man oft in den Gesichtern vor allem der Männchen erblickt. Er vermutet, dass die Auseinandersetzungen vielleicht nur nicht in Gegenwart des Beobachters stattfinden, dass dieser sie sozusagen verhindert. Sicher werden die in der Gruppe aufwachsenden Männchen bei Erreichen der Geschlechtsreife vertrieben, oder sie gehen von sich aus auf Wanderschaft. Dementsprechend - so haben die sorgfältigen Bevölkerungsanalysen ergeben - treten die meisten Todesfälle bei fünf- bis siebenjährigen Männchen auf. Manchmal findet man auch einen toten Brüllaffenmann, dessen Kopf Spuren eines vorangegangenen Kampfes zeigt. Im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen bei Wechseln der Männchen werden zuweilen3 die empfindlichsten Mitglieder der Gesellschaft, die Kinder, verletzt oder auch getötet. Insofern haben nun auch die Brüllaffen wieder „menschlichere“ Züge bekommen. Wie in allen natürlichen Populationen sind die Todesraten bis zum Erreichen der Geschlechtsreife hoch; so wissen wir heute - dank Barro Colorado -, dass nahezu 90% der Männchen und 65% der Weibchen vor dem fünften Lebensjahr sterben.“([281], Seite 148).
In unserem Beitrag berichten wir zudem über Unterschiede zwischen den verschiedenen Arten. Die großen Mehr-Männchen-Gruppen des Mantelbrüllaffen sind keineswegs typisch für diese Genus. ([281])
In Menschenobhut werden Brüllaffen nur selten erfolgreich gehalten, sie sterben sehr schnell und gelten als äußerst empfindlich. Insofern war es niemals mein Ziel, Vertreter dieses Genus in Kassel zu halten. Am 12.01.1988 erhielt ich einen Anruf vom Zoll in Frankfurt, sie hätten einen Kapuzineraffen beschlagnahmt, ob wir diesen übernehmen könnten. Unabhängig davon, dass wir einen weiteren Kapuzineraffen nicht benötigten, zudem nicht wussten, um was für einen Kapuziner es sich handelte, sagte ich zu, haben doch vom Gesetz geforderte Beschlagnahmungen geschützter Tiere nur dann einen Sinn, wenn diese auch anschließend verwahrt werden können.
Am 13.01.1988 wurde uns dann Billy gebracht, ein kleines blondes Affenmännchen mit einem Hüftgurt, das sicherlich kein Kapuzineraffe war. Ich bestimmte ihn mutig als schwarzen Brüllaffen Alouatta caraya und behielt recht, Billy wuchs bei uns zu einem erwachsenen schwarzen Brüllaffenmann heran. Bis zum 14.03.1988 blieb Billy in der Quarantäne und verursachte fast (ohne seine Schuld) den Tod unseres alten Kapuzinermannes Bubi, der in einem Nachbarkäfig gehalten wurde, worüber ich im Kapuzineraffenkapitel (Kapitel 13) berichten werde.
Zwangsläufig hatte ich aber ein Problem: Wie ernährt man einen Brüllaffen, ohne dass er schnell stirbt? Eines war von vornherein klar, unsere Diäten für Kapuzineraffen sind nicht hinreichend. Vielmehr benötigen wir für diesen Vertreter einer blattfressenden Art zusätzliche Nahrungsangebote. Ich wusste bereits, dass Brüllaffen sehr gerne Bananen essen, dass sie aber auch sehr schnell bei bananenreicher Kost sterben. In der Primatenstation hatte ich es bis dahin abgelehnt, Salat zu verfüttern, da nach meinem Wissen Salat sehr belastet ist. Nun musste Salat ein wichtiger Bestandteil der Nahrung sein. Ich rief meine Freunde im Großmarkt an und bat um Hilfe, ich benötigte unbedingt ungespritzten Salat. Mir wurde Hilfe zugesagt, doch erhielt ich wenig später die Antwort, unbehandelten Salat gäbe es nicht, Salat gelte als unbehandelt, wenn er soundsoviele Tage vor dem Verkauf nicht behandelt worden sei. Insofern war unsere Salat-reiche Diät von vornherein ein Kompromiss. Ich bot unserem Brüllaffen auch zahlreiche Pflanzen aus unserem Garten an, mit besonderer Begeisterung verspeiste er Löwenzahn und Magnolienblüten. Ein Ernährungswissenschaftler, dem ich dies erzählte, meinte, Magnolienblüten seien Gift, doch hatte das Verdauungssystem unserer Brüllaffen kein Problem mit dieser Nahrung, was die Spekulation erlaubt, dass hier in der Evolutionsgeschichte Anpassungen erfolgten, die das Nutzen von Blüten als Nahrungsquelle ermöglichen.
Glücklicherweise fand ich Artikel von Legrand Benton ([10]) und Alan H. Shoemaker ([201], [202]) über Haltung von Alouatta caraya im Columbia Zoo, die mir wichtige Hinweise zum Versuch einer erfolgreichen Haltung gaben. Diese befolgte ich und Billy überlebte die Quarantänezeit. Ab dem 14.03.1988 hielten wir den kleinen Brüllaffenmann in einer Krallenaffeneinheit (Raum 2, Käfig 2) mit Gitterkontakt zu Krallenaffen, hier fühlte er sich offensichtlich wohl und wuchs zu einem ausgewachsenen Schwarzen Brüllaffenmann heran. Den Brei, den wir für ihn entwickelt hatten, nahm er gerne aus unserer Hand an, zudem steckten wir ihm Springaffenbrei zu. Abends gaben wir ihm zusätzlich zum Futter, über das ich am Ende des Kapitels noch berichten werde, Pellets direkt in den Mund. Billy war uns also sehr vertraut und kam immer sofort nach vorne an das Gitter, hörte er uns nur kommen.



Abbildung 12.11: Billy




Abbildung 12.12: Auf der Suche nach Alouatta seniculus traf ich ....




Abbildung 12.13: Bushmaster.


Getrübt war unsere offensichtlich erfolgreiche Haltung nur durch den Umstand, dass wir für ihn kein Weibchen bekommen konnten. Meine Bemühungen waren erfolglos. Die Einzelhaltung eines gesellig lebenden Primaten ist unbefriedigend und nicht artgerecht.
Auch bei einer Brasilienreise 1988 konnte ich zwar weibliche Schwarze Brüllaffen im Zoo von Rio da Janeiro sehen und mein Anliegen zahlreichen Kollegen vortragen, doch blieben die Zusagen ohne Resultat. Allerdings war es Cornelia Schäfer-Witt und mir möglich, im amazonischen Regenwald Kapuzineraffen (Hämmerer des Waldes) zu beobachten und einen roten Brüllaffen zu hören, konnten ihn aber trotz eines einheimischen Guides, mehrstündigen Suchens und trotz seiner ausdauernden Brüllgesänge nicht zu Gesicht bekommen.4
Auf uns wirkte Billy glücklich und lebensfroh, er fütterte gerne Krallenaffen im Nachbarkäfig und war bei unseren regelmäßigen Besuchen eigentlich immer aktiv. Dann wurde Billy jedoch plötzlich ohne erkennbare Ursache krank, er wirkte völlig apathisch, meinen Mitarbeitern und mir war klar, dass er in diesem Zustand nur noch wenige Tage zu leben hatte. Insofern erinnerte ich mich an ein mehr als zehn Jahre zurückliegendes Gespräch mit Dieter Poley, der mir erzählt hatte, dass Affen Gentamycin gut vertragen, und beschloss, Billy auf jeden Fall noch zu behandeln. Einfangen konnte ich Billy nicht, unser kleines Affennetz war für den riesigen Brüllaffenmann zu klein, für das große Netz war der Käfig zu klein. Zudem hatte ich Sorge, er könne das Vertrauen, das er offensichtlich in mich setzte, verlieren, sollte ich ihn gewaltsam einfangen. Ich unterhielt mich daher lange mit ihm und schilderte ihm ausführlich mein Problem. Ich stellte einen unserer Quetschkäfige zu ihm in das Gehege und erklärte ihm durch Zeichen, was ich möchte, er solle sich in den Quetschkäfig begeben, der eigentlich für einen 10 kg schweren Brüllaffenmann zu klein war. Der große Brüllaffenmann verstand offensichtlich mein Anliegen und kletterte mühselig nach unten und quetschte sich in den Käfig. Nur mit Mühe gelang es, auch den Schwanz noch unterzubringen, er musste sich drehen, damit dieser noch Platz fand. Anschließend nahm ich den Quetschkäfig samt Billy aus dem Gehege, wog ihn und gab ihm mit schlechtem Gewissen seine Spritze. Anschließend ließ ich ihn wieder in seinem Gehege frei, unsicher, was ich möglicherweise angerichtet hatte.
Am darauf folgenden Morgen war Billy wieder gesund, wie immer kam er sofort an das Gitter geeilt, um uns zu begrüßen. Das Mittel hatte gewirkt, doch musste ich ihn nach Vorschrift wieder spritzen. (Nach meiner Erinnerung war eine viermalige Applikation vorgeschrieben.) Doch hatte Billy offensichtlich den Zusammenhang zwischen Quetschkäfig, Spritze und Genesung verstanden. Ich brauchte nur den Quetschkäfig vor die geöffnete Käfigtür stellen, sofort kam Billy herunter und betrat den kleinen Käfig, auch an den folgenden Tagen. Am Rande sei bemerkt, das Aufsuchen des Quetschkäfigs konnte ich auch in einem größeren Gehege (s. u.) jederzeit demonstrieren. Billy kooperierte verlässlich.
In dieser Haltungseinheit blieb Billy mehr als drei Jahre, insofern hatten wir belegt, dass auch in der Kasseler Primatenstation Brüllaffen hinreichend gehalten werden können. Dann machte ich den ersten großen Fehler. Unsere Primatenstation war auch offen für Studenten, die dort Semesterarbeiten oder Examensarbeiten schrieben. Diese sahen auch Billy und kritisierten unsere Haltungsbedingungen (ein so großer Affe in einem so kleinen Käfig). Entsprechende Kritiken werden vielen Tierhaltern geläufig sein. Die Kritik war eigentlich unberechtigt. Die in Kapitel 8 ausführlich vorgestellten Käfige waren mit 70 cm x 180 cm x 240 cm etwa zweieinhalbmal so tief und dreimal so hoch wie diejenigen, in denen nach der Literatur ([127]) Brüllaffen gehalten wurden, als mehr als siebenmal größer als anderswo als hinreichend beschriebene Haltungseinheiten. Freilich wirkte der Käfig durch die drei waagerecht aufgehängten beweglichen Leitern beengt, Billy musste sich also teilweise „durchschlängeln“, um die Vorderfront zu ereichen. Im Nachhinein hatten wir ihm einen für Brüllaffen optimalen Haltungskäfig angeboten. Als „unnormal“ beobachtete ich nur scheinbar unnötige greifende Handbewegungen, bevor er nach vorne kletterte. Bei Beobachtungen an Alouatta fusca5 im brasilianischen atlantischen Regenwald lernte ich dann, dass das, was ich als möglichweises Deprivationssyndrom angesehen hatte, offensichtlich angeborenes sinnvolles Verhalten war. Durch diese Greifbewegungen greifen Brüllaffen sozusagen sammelnd dünne Zweige, um einen sicheren Halt im Astwerk zu bekommen. Jedenfalls erkannte ich die Qualität unserer Haltung nicht hinreichend und überführte Billy am 24.05.1991 in einen unserer 200 cm x 300 cm x 240 cm großen Haltungseinheiten, die sich bei Makaken und Kapuzineraffen bewährt hatten. Ringsherum waren mehrere breite Ruhebretter angebracht, für Billy installierten wir noch eine breite frei hängende Leiter. Dem Platzbedürfnis meiner Studenten war Genüge getan, Billy hingegen war nicht mehr glücklich, er fühlte sich wohl eher bestraft. Aus Brüllaffensicht hatten wir ihn aus einem Käfig genommen, in dem er jeden Platz mühelos erreichen und den er zu 100% ausnutzen konnte, und ihn in einen Käfig gesetzt, der nur sehr eingeschränkt und unter Mühen zu erkunden war. Der einzige Vorteil für mich war, dass ich ihn hier auch im Käfig besuchen konnte. Sobald ich diesen betrat, kam Billy sofort angeeilt, um mich zu füttern. (Um der Wahrheit die Ehre zu geben, ich habe das Futter zwar genommen und Essbewegungen durchgeführt, aber sein Geschenk nicht verzehrt.) Wir bauten dann noch in den Käfig einen kleineren provisorischen ein, in dem wir Springaffen hielten, Billy beachtete leider die neuen Kumpane kaum.



Abbildung 12.14: Alouatta fusca im atlantischen Regenwald




Abbildung 12.15: Yellow Lady mit Kind




Abbildung 12.16: Billy, unglücklich am Boden


Im Herbst 1991 ging dann mein lang gehegter Wunsch nach einer Partnerin für Billy in Erfüllung. Der Twycross Zoo bot uns Yellow Lady als Leihgabe an, eine sehr alte wohl schwangere Brüllaffendame, die zu diesem Zeitpunkt in Kilverstone lebte. Begeistert sagte ich sofort zu, sie zu übernehmen.6 Am 08.10.1991 holten wir dann Yellow Lady am Flughafen ab und brachten sie nach Kassel. Am 09.10.1991 erfolgte die amtstierärztliche Untersuchung. Nun machte ich den zweiten Fehler bei der Haltung von Brüllaffen. Geleitet von der praktischen Erfahrung, dass sich Artgenossen unterschiedlichen Geschlechtes vertragen und mehr oder weniger problemlos vergesellschaftet werden können, und befangen in der Vorstellung, nicht nur für uns, auch für Billy wäre ein weiblicher Brüllaffe das Ziel aller Träume, ging ich in den Käfig von Yellow Lady mit einer Transportkiste, die Rainer Lorenz zum Wiegen von Springaffen genutzt hatte, und bat sie, diese zu betreten. Auch Yellow Lady verstand mein Anliegen und so konnte ich sie wiegen (6600 g) und ohne stressreiche Einfangprozedur zu Billy bringen.7 Billy war keineswegs begeistert von der quirligen Dame und wich vor Yellow Lady zurück. Wir hofften aber, sie würden sich vertragen, ein Kampf fand nicht statt.
Bereits am 24.10.1991 fanden wir Yellow Lady mit einem neugeborenen Kind vor, das sie vorbildlich in der Schenkelbeuge trug. Der erste in Deutschland geborene Schwarze Brüllaffe hatte die Geburt in Kassel überstanden! Billy war nicht begeistert von dieser Situation und hielt sich am Boden auf, wo wir ihn vorher niemals angetroffen hatten.
Leider war aber unser Glück nur von kurzer Dauer, am nächsten Morgen mussten wir das schwerverletzte Kind (Biss in das Gesicht) aus der Gruppe entfernen, es starb noch am gleichen Tag. Sein Gewicht war 250 g. Ob nun Yellow Lady oder Billy der „Täter“ gewesen ist, wissen wir nicht. Die Umstände sprechen dafür, dass wohl ein Kampf zwischen ihm und Yellow Lady stattgefunden haben dürfte. Am 13.11.1991 starb dann Yellow Lady, Billy ging es besser. Doch im Dezember wirkte er wieder apathisch und ich erwog, ihn wieder zu behandeln und diskutierte dies mit unserem Amtsveterinär Dr. Rietze. Dieser meinte, ich sollte den armen Kerl nicht mehrfach quälen und schlug mir zur Behandlung ein Depotantibiotikum vor. Hier machte ich nun den dritten Fehler in der Brüllaffenhaltung, ich folgte seinem Rat und schädigte wahrscheinlich so Billy irreparabel. Wenige Tage später (am 18.12.1991) war die Brüllaffenhaltung in Kassel beendet.8



Abbildung 12.17: Yellow Lady mit Kind, Universität Kassel


Ein Jahr später bekam ich die Chance, drei in Twycross geborene Schwarze Brüllaffen zu erwerben. Gerne nahm ich diese Chance wahr und kaufte diese Tiere. Ali, geb. 27.03.1989, Fanny, geb. 04.12.1989, und Sophie, geb. 24.11.1990, wurden von uns am 18.11.1992 importiert. Fanny und Sophie waren Schwestern, Ali in einer anderen Gruppe geboren. In der Quarantäne hielten wir sie daher getrennt.



Abbildung 12.18: Fanny mit ihrer Nichte Susanne, Universität Kassel




Abbildung 12.19: Fanny. Universität Kassel


Gleichzeitig bereiteten wir einen nach unserer Einschätzung geeigneten Haltungskäfig vor. Ein Gehege mit den Ausmaßen des schon von Billy zuletzt genutzten Geheges (200 cm x 300 cm x 240 cm) unterteilten wir durch eine festeingebaute Gitterwand. Zudem ließ ich in beiden Teilen mehrere dicke Rundhölzer anbringen, die es auch nichtspringenden Affen ermöglichten, jeden Teil des Geheges jederzeit zu nutzen. Dieser Umbau hatte den Nachteil, dass das Leben im Käfig nur sehr schlecht von unser Beobachtungsbank aus zu protokollieren und dass das Gehege nur sehr schwer von meinen Mitarbeiterinnen zu reinigen war. Ihnen lag aber auch sehr viel an dem Wohlergehen der Tiere, und sie akzeptierten diese Baumaßnahmen, obwohl von ihnen nun akrobatische Leistungen bei der Reinigung gefordert waren.



Abbildung 12.20: Ali betritt das Außengehege.




Abbildung 12.21: Ali im Innengehege


Die Möglichkeit der Abtrennung erwies sich als Segen, da uns anfänglich am 14.03.1993 die Vergesellschaftung aller drei Tiere nicht gelang, Fanny war zu aufdringlich zu Ali, er floh auf den Boden, so dass sie noch am selben Tag abgetrennt werden musste. Erst als Ali und Sophie regelmäßig in engem Körperkontakt zusammensaßen, versuchten wir wieder (am 31.04.1993) die gemeinsame Haltung, diese gelang, nachdem Fannys Attacken durch mehrmaliges Beißen seitens Ali gehemmt werden konnten.
Die drei Brüllaffen akzeptierten auch unser Futterangebot und wurden uns vertraut, auch ihnen konnten wir jederzeit Nahrung direkt in den Mund stecken. Meine Beobachtungen an Alouatta caraya endeten 1997, nach insgesamt neun Jahren Haltungserfahrungen, in dieser Zeit habe ich niemals gegen mich gerichtetes agonistisches Verhalten erfahren, wie es gegenüber Pflegern berichtet wird ([201], [202]). Für mich waren ihre morgendlichen Brüllgesänge und die Kontakte mit ihnen eine große tägliche Bereicherung.
Am 11.01.1994 wurde dann Susanne geboren, eine Tochter von Sophie, die bei der Geburt erst drei Jahre und zwei Monate alt war. Auch bei den Brüllaffen protokollierten wir täglich das Trageverhalten. Susanne wurde anfänglich ausschließlich von ihrer Mutter am Bauch, später dann nach unseren Protokollen ausschließlich von ihrer Tante auf dem Rücken getragen.
Insofern war es ein glücklicher Umstand, dass in dieser Zeit Pia Steinweg ihre Staatsexamensarbeit über unsere Brüllaffen schrieb.9 So kann ich hier detailliert berichten. „Für die Beobachtungen setzte ich10 mich circa einen halben Meter vor die Käfigmitte, so dass beide Käfighälften gleichzeitig überschaubar waren. Die Beobachtung fand über einen Zeitraum von vier Monaten statt und wurde in zwei Teile unterteilt. Der erste Abschnitt betraf die Zeit vom 25.02.11 bis 05.04.1994. Außer an den Wochenenden beobachtete ich12 jeweils ab elf Uhr morgens entweder zwei oder drei halbe Stunden. Der zweite Abschnitt fiel in den Zeitraum vom 03.05. bis zum 21.06.199413. Hier wurde ab 13 Uhr jeweils eine Stunde lang beobachtet, jedoch nur noch einmal pro Woche am selben Wochentag. ... Protokolliert wurden die Häufigkeit des Transfers des Jungtieres von einem Gruppenmitglied zum anderen, die Zeit (in Minuten), an denen das Junge sich bei anderen Tieren als der Mutter aufhielt, die Zeit (in Minuten) in ventraler oder dorsaler Position auf der Mutter oder der Tante und das Kontaktsitzen von Mutter und Jungtier, bzw. Tante und Jungtier mit einem anderen Tier. Ferner vermerkte ich14 die Entwicklung des Erkundungsverhaltens und der aktiven Fortbewegung des Jungtieres, sowie dessen Nahrungsaufnahme. Außerdem wurden weitere Sozialverhaltensformen der anderen Gruppenmitglieder gegenüber dem Jungtier und auch allgemeines Sozialverhalten der Gruppenmitglieder untereinander wie Kontaktsitzen, Kontaktaufnahme, soziale Körperpflege, Spiel, erfolgreiche und erfolglose Aufforderung zur Kopulation aufgenommen.“ (Seiten 11 - 12)15
Pia Steinweg führt in ihrem Verhaltenskatalog u. a. aus: „Bei dem Spiel handelt es sich um eine Aktivität, die meistens von einem Tier ausgeht. Es bewegt sich hierbei rasch auf ein anderes zu und berührt dieses kurz, bzw. zieht an seinem Fell. Daraufhin rennt der „Angreifer“ ein Stück davon und fixiert den anderen, der ihn dann meistens verfolgt und seinerseits „angreift“, usw. Damit war meist eine rege Lautäußerung verbunden. So ein Spiel kann weniger als eine Minute dauern, meist währt es aber länger.“ (Seite 12) Das längste Spiel konnte Steinweg zwischen Sophie und Ali beobachten, nämlich 15 Minuten lang (am 09.03.1994).
Bei dem spielerischem Beißen, das Steinweg besonders häufig zwischen Sophie und ihrer Tochter Susanne beobachten konnte, „ergreift ein Sozialpartner eine Extremität des anderen und beißt hinein. Diese Aktivität war meistens mit einer intensiven Lautabgabe verbunden.“(Seite 12)
„Die ... als Kußfütterung bezeichnete Nahrungsübergabe von Mund zu Mund fand fast ausschließlich zwischen Mutter und Jungtier statt, in Situationen, nachdem die Mutter feste Nahrung zu sich genommen hatte. Durch die anschließenden Kaubewegungen des Jungtieres schloß (Steinweg) auf eine Nahrungsübergabe.“ (Seite 12)
Körperkontakt war durchgängig am häufigsten zwischen Sophie und Ali zu beobachten, wobei die Kontaktaufnahme von Sophie ausging. In der ersten Beobachtungsphase saßen in den dreißig Minuten Ali und Sophie 3,1 ± 0,5 min zusammen, in der zweiten Phase sogar 9,9 ± 3 min, vor allem ohne Kind. Der zweithäufigste Kontakt war zwischen Sophie und Fanny zu beobachten, wobei in der ersten Phase beide auffällig den Kontakt zur jeweils das Junge tragenden Schwester suchten. In der zweiten Phase hingegen war ein Junge tragendes Weibchen für alle drei erwachsenen Brüllaffen unattraktiv. Ein Junge tragender Sozialpartner wurde gemieden.
Die soziale Körperpflege wurde vor allem von Sophie gezeigt, gegenüber der Tochter (1,1 ± 0,3 mal), gegenüber Ali (1 ± 0,3 mal) und gegenüber Fanny (0,7 ± 0,3 mal), Fanny zeigte dieses Verhalten seltener, aber immer noch häufiger als Ali, der bei der sozialen Körperpflege stets der passivere Partner war.



Abbildung 12.22: Ali, Universität Kassel


„Das Spielverhalten konnte (Steinweg) im Tagesmittel am häufigsten zwischen (Sophie) und (Ali) protokollieren (1,6 ± 0,5 mal), etwas seltener zwischen (Sophie) und (Fanny) (1,4 ± 0,3 mal) und viel seltener zwischen (Fanny) und (Ali) (0,5 ± 0,2 mal), ... Die Spielinitiative ging dabei meistens von (Sophie) aus. Oftmals ging dem Spiel der Versuch voraus, einem anderen Tier die Nahrung abzunehmen, der für Sophie meistens erfolgreich endete. Sie war es auch, die sich am meisten für einen Querbalken, der sich am 21.03. gelöst hatte, interessierte. Sie untersuchte den herunterhängenden Stamm an diesem und an den folgenden Tagen mehrmals, indem sie daran zog oder ihn wieder in seine ursprüngliche Position hob. Beendete sie diese Aktivität, wurde dasselbe von Ali wiederholt, jedoch mit weniger Ausdauer.“ (Seite 37)
„Eine etwas andere Art des Spielens fand im zweiten Beobachtungsabschnitt zwischen den adulten Tieren und dem Jungtier statt. Dabei griff (Sophie), von der diese Aktivität meistens initiiert wurde, mit beiden Händen nach dem Jungtier und zerrte an ihm oder biß es leicht. Das Jungtier versuchte sich dann aus diesem Griff zu befreien, womit stets eine intensive Lautabgabe seinerseits verbunden war. Am häufigsten konnte (Steinweg) es auch im Zusammenhang mit der Mutter protokollieren (0,9 ± 0,3 mal). Bei circa der Hälfte dieser Kampfspielepisoden (0,4 ± 0,2 mal) konnte (Steinweg) beobachten, dass das Junge leicht zurückbiss. Ein ähnliches Verhalten zwischen Vater und Jungtier konnte (Steinweg) 0,5 ± 0,2 mal protokollieren, ebenso oft biss das Junge den Vater leicht.“ (Seite 40)
Pia Steinweg konnte auch erfolgreiche und erfolglose Aufforderungen zur Kopulation beobachten, die immer von den Weibchen ausgingen. „Sie präsentierten ihr Hinterteil, oft indem sie sich vor das Männchen legten. Häufig konnte (Steinweg) beobachten, dass eine Fellpflege des Männchens vorausging. Damit einhergehend stellte (Steinweg seitens von Fanny) immer ... rhythmische Bewegungen der Zunge fest, die schnell ausgestreckt und wieder eingezogen wurde.16 Einige Male fand auch ein Betasten der Genitalien Alis seitens Fanny nach vorausgegangenem erfolglosen Präsentieren statt. ... erstmals konnte (Steinweg) es am 21.02. beobachten, wo sie mehrmals erfolglos präsentierte. Am folgenden Tag konnte (Steinweg) wieder mehrmaliges Präsentieren protokollieren; dieses Mal folgten langsame dorsoventrale Kopulationsbewegungen der beiden Tiere, die circa eine Minute lang dauerten. Auch danach präsentierte (Fanny) noch mehrmals, wieder erfolglos.“ (Seite 41). Entsprechendes Verhalten beobachtete Pia Steinweg auch am 08.03., 05.04., 03.05. und 24.05. Doch blieben Fannys Bemühungen ohne Reproduktionserfolg.
Besonders interessiert war ich an den Befunden zum Mutter-Kind-Verhalten und zum Tantenverhalten, mich interessierte, ob Pia Steinweg unsere routinemäßigen Befunde zum Trageverhalten (s. o.) bestätigen würde. Zu Beginn ihrer Beobachtungen am 21.02.1994 wurde Susanne ausschließlich von Sophie getragen. „Am 22.02. konnte (Steinweg) erstmals beobachten, wie das Junge dorsal von seiner Tante getragen wurde. Schon vorher konnte ich17 feststellen, dass die Tante über das Gesicht Kontakt zum Jungtier aufgenommen hatte, indem sie sich seinem Gesicht mit dem ihren näherte und es dabei berührte. Nachdem sie ihren Oberkörper zu ihm hingebeugt und ihren Hals präsentiert hatte, übernahm sie das Junge und begann sofort rasch im Käfig hin- und herzurennenen, wobei sie dicht von der Mutter verfolgt wurde, von der sie sich schnell abwandte und davonlief. ... Nach circa einer Minute nahm die Mutter das Jungtier wieder an sich. Die Tante beugte daraufhin noch mehrmals den Oberkörper zum Jungen. Auch in den folgenden Tagen präsentierte sie ihm mehrfach den Hals, jedoch ohne es zu übernehmen, da sich die Mutter dann über das Junge beugte, davonlief oder die Tante abwehrte. Am 25.02.verweilte das Junge bereits insgesamt fünf Minuten bei der Tante ... Am 28.02. verbrachte das Jungtier bereits mehr Zeit bei der Tante als bei seiner Mutter ... In der Zeit, in der das Junge von seiner Tante getragen wurde oder frei kletterte (s. u.), nahm die Mutter immer wieder Kontakt über das Gesicht zu ihm auf. ... Im allgemeinen wurde das Jungtier von seiner Mutter meistens ventral getragen: 79 mal gegenüber zweimaligem dorsalen Tragen, von seiner Tante hingegen überwiegend dorsal: 396 mal gegenüber 74 maligem ventralen Tragen. Diese Relation sollte auch im zweiten Abschnitt unverändert bleiben.“ (Seiten 42 - 43)
Parallel zu dem Auftreten des Tragens durch die Tante nahm auch die lokomotorische Selbständigkeit des kleinen Brüllaffenmädchens kontinuierlich zu. Bereits in der sechsten Lebenswoche kletterte es „bereits häufig über den Rücken der Mutter (und auch des Vaters, soweit dieser in engem Körperkontakt zur Mutter saß) und setzte bei seinen Erkundungsaktivitäten häufig seinen Schwanz ein. So „hangelte“ es bereits in seiner sechsten Lebenswoche mit Hilfe desselben an der Käfigdecke entlang, wobei es jedoch stets den Kontakt zur Mutter aufrechterhielt. Ab der siebenten Woche ... kletterte es zum ersten Mal für einige Sekunden frei. ... Ab der achten Lebenswoche konnte (Steinweg) häufig beobachten, dass das Jungtier frei in Richtung Sophie kletterte und diese sich - kurz bevor das Junge bei ihr angelangt war - ein Stück weiter entfernte. Zu diesem Zeitpunkt kletterte das Junge erstmals über weitere Strecken, während sich die Mutter zeitweise ganz (also in die andere Käfighälfte18) entfernte.“ (Seite 53) In den nächsten Lebenswochen nahm dann das solitäre Explorieren kontinuierlich zu, in der 11. Lebenswoche kletterte Susanne zu mehr als die Hälfte der Beobachtungszeit allein herum. Ihr Klettern wirkte immer sicherer, in der 17. Lebenswoche beobachtete Steinweg erstmals das freie Hängen nur am Schwanz, Susanne hielt dabei die hinteren Extremitäten mit den vorderen fest, und das Klettern von einer Käfighälfte zur anderen.
Zur Nahrungsaufnahme des Jungtieres führte Pia Steinweg aus: „Zu Beginn meiner Beobachtungen, in der sechsten und siebenten Lebenswoche des Jungtieres, erfolgte dessen Nahrungsaufnahme noch fast ausschließlich durch das Stillen. Zudem hatte ich19 den Eindruck, dass die Mutter das Junge gelegentlich aktiv Mund zu Mund ... fütterte. Diese „Kußfütterung“ erfolgte durch das Nähern mit anschließendem Kontakt beider Gesichter, nachdem Sophie feste Nahrung zu sich genommen hatte. ... In derselben Woche knabberte das Jungtier ... an einem Stück Ei, das die Mutter in ihrer Hand hielt. Am 14.03., also in seiner achten Lebenswoche, nahm es erstmals eindeutig feste Nahrung zu sich, indem es an einer Kartoffel knabberte, die zuvor von der Mutter auf das Sitzbrett gelegt worden war. ... Besonders in der zehnten Lebenswoche protokollierte (Steinweg) oftmals, dass das Jungtier nach Nahrung griff, die (Fanny) in der Hand hielt. Diese hielt sie allerdings so hoch, dass sie für das Jungtier unerreichbar war, und drehte diesem dann den Rücken zu, wenn sie mit der Nahrungsaufnahme fortfuhr.



Abbildung 12.23: Fanny ist stets spielbereit.


Im zweiten Beobachtungsabschnitt, also ab der 16. Lebenswoche des Jungtieres, bewegte sich dieses selbständig zur Futterstelle hin, um sich Nahrung zu holen. Es kletterte mit der Nahrung dann häufig zu einem anderen Platz, ließ die Nahrung aber unterwegs häufig fallen. ... Zusätzlich wurde das Jungtier aber auch in der 23. Lebenswoche noch gestillt, wenn auch kurz. Die Brust der Mutter war bis zum Abschluss der Beobachtungen noch vergrößert. Während der gesamten Beobachtungszeit habe ich20 nie gesehen, dass die Mutter das Junge abgewiesen hat, wenn es gestillt werden wollte. Oft erleichterte sie es ihm noch, indem sie einen Arm hob oder ihre Körperhaltung veränderte, um dem Jungen einen besseren Halt zu bieten.“(Seiten 55 - 56)
Ab der achten Lebenswoche suchte Susanne Fanny aktiv öfter auf als ihre Mutter. Kündigten Geräusche im Nebenraum das bevorstehende Eintreten einer Person an, suchte sie aber bevorzugt die Mutter (achtmal) und nicht die Tante (einmal) auf. Zu den Kontakten Susannes zu Ali berichtete Steinweg: „Der Kontakt zwischen Vater und Jungtier konnte im ersten Abschnitt an fünf Tagen beobachtet werden. Allerdings versuchten sowohl die Mutter als auch die Tante in den ersten drei Beobachtungswochen immer wieder, den Kontakt zwischen Vater und Jungtier zu unterbinden, indem sie sich zwischen die beiden drängten oder das Junge zu sich holten. So auch, als das Jungtier am 14.03. frei kletterte und dabei intensiv Laute von sich gab. Der Vater näherte sich ihm, worauf die Mutter rasch zu beiden kletterte, das Jungtier übernahm und daraufhin der Tante übergab. ... Am 31.03. verbrachte das Jungtier erstmals eine Minute alleine bei ihm, nachdem es zu ihm geklettert war. Etwa eine halbe Stunde später kletterte seine Mutter mit ihm zum Vater und ließ es dort zurück, worauf das Junge das Gesicht des Vaters betastete, was dieser regungslos über sich ergehen ließ.“ (Seiten 43 - 45) Pia Steinweg beobachtete auch, dass Ali aktiv zur Laute (des Verlassenseins) von sich gebenden Susanne hinkletterte, seinen Oberkörper zu ihr beugte und seinen Hals präsentierte.
Neben dieser erfolgreichen Aufzucht muss ich leider auch eine zweite - fehlgeschlagene - berichten. Am 15.01.1995 fanden meine Tierpflegerinnen die tote Sophie in einer riesigen Blutlache vor, sie war offensichtlich einer Plazenta-Blutung erlegen, vielleicht war der 340 g schwere Foetus, den wir ihr tot entnahmen, auch übertragen. Weitere Geburten erfolgten nicht. Susanne wuchs zu einer ebenfalls stets aktiven Brüllaffen-Dame heran.



Abbildung 12.24: Fanny erwies sich als stets pflegebereite Tante.


Da unsere Brüllaffen bis April 1997, hier wurden sie gewaltsam aus der Primatenstation entfernt, gesund und munter waren, möchte ich ausführlich unsere Haltungserfahrungen berichten und zitiere daher einen Brief, den ich - im Interesse der Tiere - am 30.04.1997 an die neuen Halter gerichtet habe:
„Brüllaffen sind äußerst sensibel, sie springen unbeholfen (und vermeiden meist Sprünge), dementsprechend müssen alle Strukturen auch kletternd erreichbar sein. Brüllaffen benötigen persönliche Zuwendung zum Wohlbefinden. Fühlen sie sich vernachlässigt, „leiden“ sie. Durchfall ist bei Ihnen noch alarmierender als bei Springaffen. Brüllaffen können leicht durch zu große Gabe von Bananen (die sie leider gerne fressen) und Zitrusfrüchten schnell umgebracht werden. Wenn ich unsere Routine anwendete, würde ich zwei verschiedene Futterbreisorten herstellen, Springaffenbrei und Brüllaffenbrei, wobei 2/3 des Springaffenbreies für die Brüllaffen bestimmt sind21.
Springaffenbrei: 40 g Magerquark, 20 g Heilnahrung, 30 g Bananenmilchbrei, 1 g Calcipot, 2 g Vitakalk, 1 g Weizenkleie, 0,1 g Salz, 12 g Sanostol, 4 Tr. Vigantol, 3 Tr. Polybion, 1 Tr. Ferro 66, 25 mg Perenterol, 1,5 mg Elotrans, in 200 ml Wasser verrühren und anschließend mit 110 g Reisflocken andicken. (Zum Wasser: 50 ml aufkochen mit einer Messerspitze Geliermittel, anschließend auf 200 ml mit kaltem Wasser auffüllen).
Brüllaffenbrei: 56 g Magerquark, 13 g Heilnahrung, 2 g Vitakalk, 0,2 g Weizenkleie, 0,05 g Salz, 4 g Sanostol, 3 Tr. Vigantol, 3 Tr. Polybion, 1 Tr. Ferro 66, 25 mg Perenterol, 1,5 mg Elotrans, in 100 ml heißem Wasser verrühren und anschließend mit 50 g Reisflocken andicken.
Die Brüllaffen würden den Brüllaffenbrei in drei im Käfig in höher gelegenen Stellen portioniert bekommen, so dass jedes Individuum seine Portion erhält. Die Breiaufnahme der Brüllaffen hätte ich beobachtet (ob jeder seinen Anteil bekommen hat). Dementsprechend würde dann der Rest des Springaffenbreies22 sukzessive verteilt. Die Brüllaffen sind es gewohnt, an das Gitter zu kommen, um den Brei direkt von uns in die Hand oder den Mund zu bekommen. Kommen sie nicht an das Gitter, ist dies ein Alarmsignal!
Die Brüllaffen erhielten dann mittags pro Tier zwei Stück Kartoffeln (kleine Kartoffel), im Wechsel 1/3 gekochter Hühnerschenkel oder 1/2 gekochtes Ei, 1 Zwieback, 1/2 Möhre, 1/3 Apfel, 1/3 Kopf Kopfsalat.
Die Brüllaffen erhielten nachmittags pro Tier 1/2 Banane, 1/2 Apfel, 1/2 Möhre, jeweils 2 Stücke Paprika/Zwiebel/Sellerie/Kohlrabi/Tomate, verschiedenes sonstiges Gemüse, 1/3 Kopf Lollo Rosso.
Abends erhielten die Brüllaffen verteilt zwei händevoll Marmoset Pellets.“.
Selbstverständlich sind die Erkenntnisse in diesem Kapitel nicht mit denen der übrigen beschriebenen Species vergleichbar, haben wir doch bei dem Schwarzen Brüllaffen kein quantitativ auswertbares Datenmaterial. Unsere wenigen Ergebnisse belegen jedoch, dass Brüllaffen früh geschlechtsreif werden können. Ali war bei der Geburt seiner Tochter Susanne noch keine fünf Jahre alt, dass die Mutter Sophie bereits im 3. Lebensjahr schwanger wurde, habe ich bereits betont. Die Gewichtsentwicklung verläuft sehr schnell, zwei im Oregon RPRC zumindest zwei Jahre lang gehaltene Brüllaffenmännchen dieser Species nahmen in den ersten 9 Monaten 250 g/Monat, in den neun folgenden Monaten 200 g/Monat und später 100 g/Monat zu. Sie wachsen also viel schneller als andere Affen vergleichbarer Größe. ([127])
Die Umfärbung der Männchen erfolgt im dritten Lebensjahr23.
Pia Steinwegs Beobachtungen zur körperlichen Entwicklung des Jungtieres und zur beginnenden Selbständigkeit sind übereinstimmend mit den Daten von Alan H. Shoemaker24. Dagegen sind unsere Befunde zum Tantenverhalten in dieser Form noch nicht beobachtet worden, wobei wiederum das Faktum der Fremdelternpflege durchgängig für Brüllaffen berichtet wird (vgl. u. a. [15]). Unsere Beobachtungen des unterschiedlichen Trageverhaltens von Mutter und Tante erlauben die Spekulation, ob die „Mutter“, die das Junge auf dem Rücken trägt, tatsächlich die Mutter ist. Nach unseren Beobachtungen könnte ein Merkmal das Säugen des Jungen sein. Doch kann vermutet werden, dass in größeren Sozialgruppen auch Weibchen, die ihre eigenen Jungen verloren haben, das Saugen durch ein Kind zulassen. Insofern kommt dem Nachweis der Mutterschaft sicherlich hohe Bedeutung zu. Das Vorfinden eines Jungtieres neben einem Sozialpartner, wie in Abbildung 12.25 für Alouatta fusca dokumentiert, erlaubt keine Aussagen zu verwandtschaftlichen Beziehungen.



Abbildung 12.25: Alouatta fusca im atlantischen Regenwald


Shoemaker ([202]) berichtet, dass ein bestimmter Platz zum Defäkieren aufgesucht wird, dementspechendes beobachtete auch Steinweg und interpretierte das gemeinsame Koten als allelomimetisches Verhalten. Das Aufsuchen eines festen Platzes zum Defäkieren berichtete auch bereits A. Wetzel, der neben einem Kapuzineraffen auch einen jungen Schwarzen Brüllaffen im Haus frei hielt. ([294]
Freilandbeobachtungen an Alouatta caraya unter halbnatürlichen Bedingungen ([15], [16]), belegen auch für den Schwarzen Brüllaffen Emigrationen und Immigrationen von Weibchen und Männchen. Emigrationen waren mit einem hohen Todesrisiko verbunden, Immigrationen mit Infantizid.25
Nach meiner Einschätzung sind Brüllaffen die meist unterschätzten Affen Südamerikas. Damit bin ich in Übereinstimmung mit Wetzel ([294], der erstaunliche Leistungen seines Brüllaffen Uung berichtet, von denen ich eine Leistung in der Fußnote berichte.26 „An dieses blitzschnelle Erfassen der Situation und die geschmeidige Gewandtheit des Brüllaffen habe ich immer denken müssen, wenn ich las, daß Brüllaffen geistig nicht sehr hoch einzuschätzen seien und sich an Beweglichkeit mit den anderen brasilianischen Affen nicht messen könnten.“ ([294], Seite 83)

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#vor.###Der##hier#besprochene###Schwarze##Bru¨llaffe##Alouatta##caraya##ist##in#
#Brasilien,##Argentinien##und##Paraguay##zu##finden.####Im##Vergleich#zu##den#
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#Sie#leben##gesellig#in#gr¨oßeren##Sozialgruppen,##aber##keineswegs#so##friedlich#
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#Immigrationen##werden##f¨ur#beide#Geschlechter#berichtet.####################
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#Br¨ullaffen##sind##Blatt-#und###Bl¨utenesser,#also##Nahrungsspezialisten.###Die#
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#Haltung##in##Menschenobhut###ist#schwierig#und##gelingt#meist#nur##¨uber#kurze#
#Zeit.##Nicht##nur##nach##meiner##Einsch¨atzung##sind##sie##psychisch#¨au#ßerst
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#g)##wachsen##unwahrscheinlich###schnell.####Sie#sind##attraktiv##f¨ur##andere#
#Gruppenmitglieder##und#werden#auch##ab dem#zweiten#Lebensmonat##von#diesen#
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Abbildung 12.26: Alouatta caraya, Wilhelma Stuttgart


1Diese Untersuchung war die dritte an nichtmenschlichen Primaten, bereits zuvor wurden von Henry W. Nissen Freilandbeobachtungen an Schimpansen und von Harold C. Bingham an Berggorillas publiziert.

2Robert M. Yerkes schrieb am 23. Januar 1934 in seinem Vorwort zu der 1934 publizierten Monographie u. a.: „The present report is the first to deal in strictly naturalistic fashion with a New World primate. ... Nearly five years ago my attention was invited by Doctor Frank M. Chapman, ..., to what he considered an extraordinarily favorable opportunity for a field study of howling monkeys in Panama. ... and in letter of February 1, 1931, he offers this picture: „In the trees nearly over my house there are at the moment seventeen howlers, three of which carrying young ... a unique opportunity here to study the individual, the family, the clan, the inter-clan relations under a wholly natural but controlled (that is conserved) environment. A year in the field ... every day ... would yield results.“ ... The report (die Monographie von Carpenter) which is my privilege thus to introduce historically speaks plainly for itself. No one familar with the pertinent literature on social behavior, and especially with that on the primates, will overlook the unique features of the author’s contribution of fact. ...“ ([18], Seiten 3 - 4).

3Tatsächlich wohl eher häufig, bei einigen Feldforschungen „verschwanden“ alle Jungtiere.

4Während des mehrtägigen Aufenthaltes im Camp wurde ich aber, wie Bill Mason es formulierte, „hero by ignorance“, ich photographierte trotz der intensiven Bemühungen meines Führers, mich davon abzuhalten, eine - meiner Meinung nach - ungefährliche Riesenschlange. Mein Führer demonstrierte mein Verhalten abends am Lagerfeuer seinen einheimischen Gästen, und ich erntete anerkennende Blicke, die ich nicht meinte, verdient zu haben. Ein Schlangenspezialist klärte mich dann auf, ich hatte mich ahnungslos Bushmaster genähert, der wohl giftigsten Schlange Südamerikas.

5Der Braune Brüllaffe Alouatta fusca wäre eventuell korrekter als Alouatta guarica zu bezeichnen ([141]).

6Im Nachhinein dürfte es gute Gründe gegeben haben, warum sowohl die Halter in Twycross als auch in Kilverstone sich von Yellow Lady trennen wollten. Ich vermute heute, dass sie nicht sehr gesellig mit anderen Brüllaffen umgegangen sein mag.

7Weitaus besser wäre es gewesen, wir hätten den großen Brüllaffenkäfig geteilt und Yellow Lady mit Gitterkontakt separat gehalten, aber wir haben dies nicht gemacht.

8Ich hätte es eigentlich besser wissen müssen, bereits Benton ([10]) warnte vor dem Einsatz eines Breitbandantibiotikums, hierdurch könnte das gesamte Verdauungssystem Schaden nehmen: „The literature as far as our search has taken us, does however seem to indicate that the extensive (and we believe in many cases unwarranted) use of broad-spectrum antibiotica in the treatment of real or suspected ailments results in an imbalance or destruction of normal intestinal flora. ([10], Seite 150).

9Pia Steinweg: Das Sozialverhalten des Schwarzen Brüllaffen Alouatta caraya in Menschenobhut unter besonderer Berücksichtigung der Entwicklung eines Jungtieres. Wissenschaftliche Hausarbeit zur ersten Staatsprüfung für das Lehramt am Gymnasium an der Gesamthochschule Kassel. Kassel, 30.08.1994.

10Pia Steinweg

11Susanne war 45 Tage alt.

12Pia Steinweg

13Susanne wurde in dieser Zeit fünf Monate alt.

14Pia Steinweg

15Zur Datenauswertung: „Die jeweiligen Beobachtungen fanden in halbstündigen Abschnitten statt, wobei die Aktivitäten der Tiere pro Minute protokolliert wurden. Um den Tagesmittelwert der Aktivitäten zu erhalten, wurden diese addiert und durch die Anzahl der beobachteten Halbstunden-Abschnitte geteilt. ... (Der) Wochenmittelwert (wurde) errechnet, indem die Tagesmittelwerte einer Woche addiert und durch die Anzahl der beobachteten Wochentage geteilt wurden, ... der Gesamtmittelwert ..., indem alle Tagesmittelwerte eines Beobachtungsabschnittes addiert und durch die Anzahl der in der in jedem Abschnitt beobachteten Tage geteilt (wurden).“ (Seite 14)

16Entsprechende Beobachtungen hatte bereits Carpenter für den Mantelbrüllaffen beschrieben.

17Pia Steinweg

18Beide Käfighälften waren nur über eine kleine verschließbare Schieberöffnung verbunden.

19Pia Steinweg

20Pia Steinweg

21Der entsprechende Halter hatte auch eine Springaffenfamilie in der Station eingefangen.

221/3 des Breies war für die drei Springaffen bestimmt.

23„Thought to be about 12 months old at importation, all the juveniles remained in immature coloration from March, 1974 to early fall, 1975, a period of 18 months. .... In January, 1976, both female colored males were now much darker and turned to be complete blackness of maturity by spring, 1976.“ ([201], Seiten 228 - 229)

24„These initial excursions were for distances of about one metre, the infant crawling, with poor co-ordination, along the branch on which the female was resting. For many months, however, the young would quickly return to its mother at the approach of the other adult howlers or humans, and frequently the mother went towards the infant or reached out to grasp it as it retreated from a potential or imagined threat.“ ([202], Seite 152)

25„Male changes occurred and seem to be followed by infanticides“ ([16], Seite 229).

26Eines Tages sah er seine Umwelt um einen Vierfüßler bereichert. Ein erwachsener Terrier war hinzugekommen. Dieser erhob ein großes Gekläff, verstummte aber mit der Zeit, als sein lautes Getue auf Uung keinen Eindruck machte. Denn dieser blickte ihn nur unentwegt und still an; mit Leichtigkeit hätte er ihn überschreien können. Nach einiger Zeit hatte Uung herausbekommen, daß an der Bauchseite eines Terriers eine unbehaarte, warme Stelle ist, und bald sah man ein Stilleben, einen schlafenden Hund und eng an ihn geschmiegt Uung, den Brüllaffen, still und glücklich. Der Hund stand auf; Uung saß ihm unversehens auf dem Rücken. Der Hund knurrte; Uung blickte friedlich. Der Hund schnappte; Uung nahm beizeiten seine Finger weg. Der Hund wälzte sich; währenddesssen stand Uung neben ihm. Der Hund enteilte, aber im Dahinrennenen spürte er, daß Uung bereits wieder aufgesessen war. Für uns und die Schüler war all das sehr erheiternd. Schließlich hatte auch der Hund verstanden und ergab sich darein; die stille, gleichmäßig milde Pädagogik hatte obsiegt. Mit seinem Reiter schritt er einher oder galoppierte über den freien Platz an der Avenida Mem de Sá, sehr zum Gaudium der Straßenjungen. Denn auch außerhalb hatte der Hund manches zu tun, was Uung abgesessen abwartete.
Einmal, auf dem Schulhofe und während der Pause, erblickte der Hund eine Katze. Urfeindschaft flammte auf. Die Katze flitzte zwischen den Beinen hindurch und entwischte durch ein Hühnerloch im Zaun. Der Hund samt Reiter im Sturm hinterher. Die Zuschauer waren starr; jetzt mußte sich Uung den Schädel einstoßen. Doch nein! Ohne besondere Hast überkletterte er den Zaun und war schon wieder aufgesessen, als der Hund wieder in Fahrt kam.

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